Donnerstag, 7. Mai 2015

Rabenmutter

Heute ist wieder mal einer der Tage, an denen ich mich frage, wer die größere Meise hat:
Ich oder die anderen?

Auf dem morgendlichen Weg zum Kindergarten, eine andere Mutti mit ihrem Sohn getroffen, von meiner Seite aus die unschuldige Frage "Und, dieses Jahr schon Schule?" (Ist ein Kann-Kind, also im Herbst geboren. Wird nicht regulär dieses Jahr eingeschult, könnte aber eventuell)
Die völlig verblüffte Antwort "Einschulung? Wir denken noch über Frühförderung nach!"
Unschuldig nachgefragt "Frühförderung? Warum das denn?"
"Weil er noch Probleme mit seinem inneren Tonus hat!"
Mein Blick war an dieser Stelle vermutlich ähnlich verwirrt wie bei der Aussage, der Himmel sei lila-grün getupft.
Also meinen Großen ran gewinkt "H? Hast du einen inneren Tonus?"
Angewidertes "Neiiiin!"
Grinsend "Brauchst du einen?"
Verständnisloses "Neee?"
Von mir dementsprechend ein amüsiertes "Prima, dann brachen wir wohl keine Frühförderung!"

Jetzt aber mal im Ernst:
Müssen wir unsere Kinder echt von einer Fördermaßnahme in die andere schicken?
Finde nur ich es übertrieben, wenn mein Sohn (4 Jahre) einen Kindergartenkumpel zum spielen treffen möchte, und die zugehörige Mutter mir einen eventuellen Termin in 4 Wochen in Aussicht stellt, weil das Kind/die Kinder sonst immer verplant sind?
Bin ich eine Rabenmutter weil ich meine Kinder einfach mal spielen lasse?
Weil ich daran glaube, dass alle Kinder bis zur Einschulung schon ungefähr auf einem Niveau sein werden?
Weil meine Kinder (1 und 4 Jahre) weder zu Frühförderung, zu Logo- oder sonstiger pädie, zum Kindergartenenglisch oder ähnlichen Kursen gehen?

Ich halte meine Kinder sicher nicht für extrem hochbegabt oder so, sondern einfach für ganz normale Kinder. Der Kleine ist ebenso sprachfaul wie der Große es war, der mittlerweile für Aussprache und Wortschatz gelobt wird. Ich bedauere, dass die Schwimmkurse hier in der Umgebung alle erst ab 5 sind, weil er so eine Wasserratte ist. Und ich (als großer Bewegungslegasthenker) bin stolz, das er binnen zwei Tagen Fahrrad fahren gelernt hat. Wenn er Fragen stellt, dann versuche ich ihm die Dinge vernünftig, kindgerecht aber realistisch zu erklären. Und was ich selbst nicht weiß schlage ich halt nach. Wenn er ungelenk seinen Namen auf ein Bild schreibt bin ich stolz, aber immer noch der Meinung, dass es völlig reicht "richtiges" lesen und schreiben in der Schule zu lernen.

Bin ich nun eine Rabenmutter oder nicht?

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